Mit einer emotionalen und zugleich pointierten Rede von Bürgermeister Jörg Reichl ist am Dienstag die Festwoche zum 100-jährigen Bestehen der Stadtbibliothek Rudolstadt eröffnet worden. In den ehrwürdigen Räumen am Schulplatz kamen zahlreiche Gäste zusammen, um gemeinsam auf ein Jahrhundert Bibliotheksgeschichte zurückzublicken – und dabei auch auf die Bedeutung dieses besonderen Ortes für Gegenwart und Zukunft zu blicken.
„Unsere Stadtbibliothek hat in den vergangenen 100 Jahren nicht nur Geschichten gesammelt – sie hat selbst eine geschrieben“, betonte Bürgermeister Reichl in seinem Grußwort und zeichnete dabei ein lebendiges Bild vom Wandel des Hauses: vom „Bücherhaus zum Begegnungsraum“, von der stillen Leseburg zum modernen, vielfach ausgezeichneten Kulturort.
Einen vertieften Einblick in die Entwicklung der Einrichtung lieferte im Anschluss Tobias Zober, Leiter der Historischen Bibliothek der Stadt Rudolstadt und Vorsitzender des Fördervereins der Stadtbibliothek. In seinem Vortrag führte er durch die vielschichtige Historie der Bibliothek – von ihren Anfängen als „volkstümliche Abteilung“ der ehemaligen Thüringischen Landesbibliothek im Jahr 1925, über strukturelle Umbrüche in der DDR-Zeit bis hin zur Neuausrichtung nach der Wende und der umfassenden Sanierung des Hauses in den 1990er-Jahren. Auch die Ausgliederung der historischen Bestände in eine eigene Einrichtung im Jahr 1993 und deren Umzug ins Alte Rathaus wurde beleuchtet.
Doch bei allem historischen Rückblick wurde der Blick auch nach vorn gerichtet. Reichl erinnerte daran, dass die letzte große Sanierung bereits 26 Jahre zurückliege und verwies auf bestehende Herausforderungen wie fehlende Barrierefreiheit: „Wer hier mit dem Rollator oder dem Kinderwagen unterwegs ist, merkt schnell: Das 20. Jahrhundert steckt noch tief in den Treppenstufen.“ Dass der Ort dennoch „jung geblieben“ sei, sei dem engagierten Bibliotheksteam zu verdanken, das den Wandel nicht nur begleitet, sondern aktiv gestaltet habe.
Zum Auftakt der Festwoche, die mit Lesungen, Kinderprogrammen, Führungen und einer Jubiläumsausstellung fortgesetzt wird, würdigte Reichl die Bibliothek als einen der wenigen verbliebenen öffentlichen Räume ohne Konsumzwang und Zugangshürden – als „Wohnzimmer für alle“: „Eine moderne Bibliothek ist nicht nur ein Ort des Lesens – sie ist ein Ort des Lebens.“
Mit einem Zitat von Wilhelm Hoffmann, das über der Veranstaltung stand – „Die Bibliotheken sind das Gedächtnis der Menschheit, die Brücken aus der Vergangenheit in die Zukunft“ – schloss Reichl sein Grußwort und sprach der Stadtbibliothek Rudolstadt zum 100. Geburtstag seine besten Wünsche aus.
Wer der Bibliothek zum Jubiläum ein Geschenk machen möchte, kann das ganz konkret tun: In der Buchhandlung Thalia steht derzeit ein Büchertisch mit Titeln, die sich das Bibliotheksteam für den eigenen Bestand wünscht. Jedes dort erworbene Buch kommt direkt den Leserinnen und Lesern der Stadtbibliothek zugute.
